Éric Kayser ist einer der bekanntesten Bäcker Frankreichs. Doch inzwischen ist er wahrscheinlich mehr Manager als Bäcker. Er hat ein kleines Bäckerei-Imperium geschaffen mit knapp zwanzig Bäckereien in Paris. Weltweit ist «Maison Kayser» an knapp 80 Standorten vertreten – unter anderem auch in Tokio. Auch bei «Maison Kayser» haben Baguettes eine wichtige Stellung. Diese werden, so liest man, handwerklich gebacken. Freunde sagen, dass sie solide bis gut seien. Ob Éric Kayser selbst überhaupt noch mit Teig arbeitet, weiss ich nicht. Aber er hat ein Backbuch geschrieben, das im September in deutscher Übersetzung erschienen ist.
Ihr wisst vielleicht, dass ich ein grosser Baguette-Liebhaber bin. Als Seri von Seri Backhandwerk backe ich selbst welche. Daher habe ich gleich das Baguette-Rezept gesucht und nachgebacken. Dabei habe ich mir folgendes Szenario vorgestellt: Ich bin jemand, der hin und wieder ein Brot backt. Und heute möchte ich für den Znacht ein Baguette backen. Ich habe also das Buch genommen und bin gemäss Backanleitung vorgegangen. Dabei wollte ich auf keinen Fall den Besserwisser spielen und einfach das machen, was im Rezept steht.
Ich gehe also die Zutatenliste durch: 500g Mehl – habe ich. 325g Wasser – habe ich natürlich auch. 100g flüssiger Sauerteig – ach mist, was ist denn das? Nervös blättere ich hin und her und suche nach dem Stichwort. Ich werde fündig. In der Einführung wird erklärt, was das ist. Da lese ich auch, dass es 4 Tage dauert, bis der flüssige Sauerteig fertig ist. Hier wäre mein Baguette-Experiment zu Ende gewesen. Zum Glück habe ich das vorbereitet. Offensichtlich ist das Buch eher ungeeignet für spontane und unerfahrene Bäcker. Oder wer von euch hat zuhause im Kühlschrank einen flüssigen Sauerteig parat? Na ja, ich schon. Trotzdem sollten Rezepte mit Sauerteig im Kapitel „Sauerteig“ aufgeführt werden. Monsieur Kayser, das Rezept ist im falschen Kapitel.
Es geht weiter. Mehl in eine Schüssel geben – das ist einfach. Und jetzt 2/3 des Wassers hineingiessen – 2/3 von 325? Das sind ungefähr 220. Also rein damit und kneten. In diesem Moment widerstehe ich der Versuchung, vom Rezept abzuweichen. Ich folge den Anweisungen und knete. Ich habe aber das Gefühl, man müsste mehr Wasser hineingiessen. Der Teig ist nämlich hart und bröcklig. Aber Monsieur Kayser muss es ja wissen. Weitermachen.
Nach einer Stunde sollen dann das restliche Wasser, der Sauerteig, Hefe und Salz eingearbeitet werden. Das schaffe ich nicht. Der Teig ist zu hart und zu dicht. Die Zutaten lassen sich nicht einarbeiten. Grrr, merde!
Ich werfe den Teig weg und lege das Buch zur Seite. Monsieur Kayser, heute Abend gibt es leider kein Baguette.
Ich nehme das Buch dann doch nochmal zur Hand und fange von vorn an. Im ersten Schritt muss man 275g statt 220g Wasser nehmen. Sonst kann der Teig nachher nicht weiterverarbeitet werden. Monsieur Kayser, Ihr Buch enthält mindestens einen Fehler.
In der Folge ist das Rezept verständlich und nachvollziehbar. Als es darum geht, die Baguettes auszurollen, stutze ich. Im Buch steht: Jedes Baguette auf eine Länge von 55cm ausrollen. Na ja, es stimmt zwar, dass ein Baguette vom Bäcker diese Länge aufweisen muss. Aber wer hat schon einen Backofen zu Hause, in dem Platz ist für 3 Baguettes dieser Länge. Ich nicht. Ihr vielleicht? Bei mir passt in der Diagonale 1(!) Baguette von knapp 50cm hinein. Also hätte ich die Baguettes nacheinander backen müssen. Monsieur Kayser, Ihr Buch ist nichts für einen normalen Haushalt.
Am Ende habe ich doch ein Baguette von 49cm. Wie es schmeckt, weiss ich nicht. Ich habe es noch nicht probiert. Immerhin sieht es nett aus.
Éric Kayser: Larousse. Das Buch vom Brot. Selbst gebacken. Phaidon/Edel, Hamburg 2015. 320 Seiten
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